Stellen Sie sich vor:
Sie arbeiten in einer Firma oder Abteilung mit 50 Mitarbeitern. Zehn Kollegen kommen jeden Tag 15 Minuten zu spät.
Glauben Sie, dass Sie als Kollegin und Kollege diese Situation lange akzeptieren würden? Können Sie sich vorstellen, dass Sie als Führungskräfte gewillt wären, diesen Zustand lange zu tolerieren?
Ich denke, die Antwort lautet eindeutig: „Nein!"
Und nun denken Sie bitte an die Problematik der Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz und der damit verbundenen Gefahr in einen Boreout zu geraten. An ihrem Arbeitsplatz fühlen stellt sich laut Stressreport 2012 der BAUA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) 18% der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland unterfordert. Das entspräche dann ebenfalls zehn Mitarbeitern bei 50 Beschäftigten.
Boreout ist in den Unternehmen immer noch ein großes Tabu
Hier sehe ich bisher aber kaum Bestrebungen in den Unternehmen diese Situation zu verändern.
Merkwürdig, denn in beiden Situationen entstehen Fehlzeiten, die sich auf Kosten umrechnen lassen. Laut Statistischem Bundesamt kostet ein Fehltag im Durchschnitt € 275,–
Bei meinem fiktiven Beispiel wären das bei 200 Arbeitstagen ca. 6 Fehltage pro Jahr. Da komme ich schon auf € 1.650,– pro Mitarbeiter. Bei zehn macht das bereits € 16.500,–.
Beim Boreout aber sprechen wir von erheblich höheren Kosten. Hier wird häufig nur vier Stunden effektiv gearbeitet. Und dann sind wir schon bei 100 Fehltagen pro Mitarbeiter. Also € 27.500,– pro Jahr. Bei zehn Betroffenen also € 275.000,–. Mögliche gesundheitliche Konsequenzen und daraus entstehende Fehlzeiten sind hier noch gar nicht berücksichtigt.
Die Unterforderung und Langeweile gibt es schon lange
Die Unterforderung am Arbeitsplatz besteht wohl seit es Fließbandarbeit gibt. Bereits 1924 wurde dieses Phänomen in der Arbeitswelt von Wyatt wissenschaftlich untersucht. Lange Zeit war dies kein wirklich aufrüttelndes Thema. Bis das Buch "Diagnose Boreout, durch Unterforderung krank" 2007 auf dem Markt erschien. Seitdem gibt es eine zunehmende Diskussion über die Gefahr von Boreout. Allerdings hat dies noch nicht dazu geführt, dass sich die Unternehmen (dort entsteht letztendlich Unterforderung und Boreout) dieser Problematik angenommen hätten.
Warum tun sich die Unternehmen so schwer endlich an das Thema Boreout heran zu gehen?
Meiner Meinung nach sind es folgende Gründe:
1. Die Betroffenen verharren in ihrer Situation, ziehen sich zurück und werden für Außenstehende unsichtbar. So sorgen die Betroffenen aktiv dafür, dass sich nichts verändert. Dieses Verhalten ist erklärbar. Viele benötigen jedoch dringend Hilfe.
2. Die Führungskräfte nehmen sich des Themas nicht an, obwohl die meisten Mitarbeiter, die sich unterfordert fühlen, nach mehr Arbeit gefragt haben.
Dieses kann verschiedene, durchaus verständliche Gründe haben. Zum Beispiel können sich viele Chefs es sich nicht vorstellen, dass es sowas wie Unterforderung und Langeweile überhaupt gibt, viele haben Schwierigkeiten Arbeit abzugeben. In den meisten Fällen reden die Beteiligten zu wenig oder gar nicht miteinander. Es gibt keine Kultur des gegenseitigen Vertrauens. Auch diese Situation ist erklärbar. Auch hier ist Hilfe von außen notwendig.
Ich würde Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch mehr über das Tabu -Thema Boreout erzählen. Bitte rufen Sie mich an!
Herzliche Grüße
Stefan H. G. Duwensee